Sachsen-Mineralien
Bezirksgruppe Ostsachsen der VFMG
Exkursionen und Börsen
Erdgasbohrung Reudnitz
18.10.2014
Erdgas unter der Niederlausitz. Für viele Menschen unbekannt. Nicht jedoch bei Mitgliedern der Mineralienfachgruppe Ostsachsen (Hoyerswerda). Wenn dann noch die Bergbau interessierte Fachgruppe von einer aktuellen Aufsuchungsbohrung nur eine reichliche Stunde Autofahrt entfernt erfährt, gibt es kein halten und zusätzlich zum gut gefüllten Arbeitsplan wird spontan eine Exkursion anberaumt. Nach Anmeldung und Abstimmung mit Herrn Öhms von der Bayerngas GmbH fand die Exkursion am 18. Oktober 2014 statt. 13 Mitglieder Erdgasbohrungder Fachgruppe und Gäste besuchten die Erdgasbohrung Reudnitz bei Beeskow. Am Bohrplatz legten wir pflichtgemäß (und wie gewohnt) Helm, Warnweste und festes Schuhwerk an. Unter Führung des Vor-Ort-Geologen Herrn Fausi und der Geologin Frau Erikson ging es über den Bohrplatz. Schon nach einer Stunde waren wir an der Bohranlage. Wie das? Die „Langsamkeit“ war nicht dem Alter der Teilnehmer geschuldet, sondern zahlreichen und wichtigen Neben- und Hilfseinrichtungen der Bohrung, die zudem nur von jeweils einer Hälfte der Gruppe aufgesucht werden konnten. Die in Container untergebrachten und aufgesuchten Einrichtungen waren u. a. die kontinuierliche Gasmessung und -auswertung, die Untersuchung geologischer Proben, die laufende Prüfung und Steuerung des Spülungssystems und die Steuerung der Ablenkungsbohrung. Für die hier zahlreich vom interessierten Publikum gestellten Fragen gab es ausführliche Antworten des anwesenden Fachpersonals.
Die Bayerngas GmbH, gegründet vor 50 Jahren, ist ein kommunales Unternehmen mit fünf deutschen Stadtwerken und einem österreichischen Regionalversorger als Gesellschafter. Sie sucht auch unter dem Aspekt der Energiewende nach neuen Erdgasquellen - vornehmlich dort, wo das Erdgas auch benötigt wird: in Deutschland. Brandenburg weist ein interessantes Potenzial an Erdgas auf. Bayerngas vermutet in der Umgebung der Stadt Beeskow im Landkreis Oder-Spree ein Erdgas-Vorkommen in einer Sandsteinschicht in 2.700-3.000 m Tiefe. Das förderbare Gasvolumen könnte sich nach ersten Schätzungen auf mehr als 10 Milliarden Kubikmeter belaufen, wobei sich das Gas aus Methan, Stickstoff und Helium zusammensetzt. Diese Menge würde ausreichen, um 400.000 Haushalte – 30 % aller Haushalte in Brandenburg – über einen Zeitraum von zehn Jahren mit Gas zu versorgen.
BohrturmUm die Vermutungen zu belegen, plante Bayerngas 2014 eine Aufsuchungsbohrung durchzuführen. Diese soll Aufschluss über das tatsächliche Gasvolumen in dem Vorkommen geben. Der eingerichtete Bohrplatz ist etwas größer als ein Fußballfeld und komplett sicher befestigt. Am 28. Juli 2014 starte die Bohrung. Die Fachgruppe bestieg die Plattform des Bohrturmes und konnte dort im Umfeld des Bohrgestänges die zahlreichen Spezialwerkzeuge für alle gewollten oder auch nicht gewünschten Einsatzfälle besichtigen. Wir sahen auch das umfangreiche Spülungssystem und den für die Sicherheit erforderlichen Schnellabschluss des Bohrloches (Preventer) sowie das mechanisierte Rohr- bzw. Gestängelager. Die Bohrspülung zirkuliert in einem geschlossenen System. Sie basiert auf Wasser mit mineralischen Beimengungen wie Ton und Schwerspat. Das Bohrklein wird getrocknet, abtransportiert und kann dann gegebenenfalls recycelt werden (z.B. in der Baustoffindustrie). Zur Bohranlage gehören zudem Silos (z. B. für Zement), starke Pumpen und eine eigene ErdgasbesichtigungStromerzeugung. Die Aggregate und Generatoren für die Stromerzeugung waren schallisoliert und kaum zu hören. Die Einhaltung aller Umweltschutzauflagen wird von Bayerngas und dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) kontrolliert.
Nach einer bereits realisierten lotrechten Tiefenbohrung begann am 13. Oktober 2014 eine Ablenkungsbohrung mit dem Ziel einer waagerechten Bohrung in der höffigen Sandsteinschicht. Parallel dazu erfolgt eine großräumige 3D-Seismik. Im Falle einer erfolgreichen Aufsuchungsbohrung in dieser klassischen Gaslagerstätte mit konventionellen Gesteinszielen gelangt das Erdgas über ein Förderrohr durch seinen Eigendruck von ca. 300 bar kontrolliert an die Oberfläche. Bei ausreichendem Gas-Nachweis können ca. 10 Produktionsbohrungen folgen. An den Standorten der Produktionsbohrungen beträgt der Platzbedarf in der Produktionsphase ca. 20 x 20 Meter. Es wird ausschließlich ein mannshohes Ventil zu sehen sein. Hinzu kommt die zu errichtende Anlage zur Trennung der Gase. Produktionsbeginn ist - bei einem positiven Testergebnis - frühestens 2018. Im Erfolgsfall könnte die Gasförderung über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren laufen.
Zweieinhalb Stunden dauerte unsere Besichtigung. Gefühlt war es aufgrund der Eindrücke und Gespräche viel kürzer. Die Gelegenheit der Besichtigung einer Erdgasbohranlage in der Lausitz hat man nicht so oft. Und so viel es auch überhaupt nicht ins Gewicht, dass dieser Tag ohne Funde abging, wobei dies nicht völlig ausgeschlossen war. So wurde durch die Firmengeologen im Bohrgut ein 30 Millionen Jahre alter Haifischzahn aus dem einstigem im Tertiär vorhandenem Meer gefunden.
Wir danken allen an der der Vorbereitung und Durchführung der Exkursion beteiligten Firmenmitarbeiter nochmals recht herzlich. Die Exkursion schloss ab mit dem Besuch des „Schukurama“ in Beeskow, von welchem 2012 Deutschlands bestes Vanille-Eis gekürt wurde.
Glückauf